RUMBA malt ihr Selbstportrait

 

STORY 7 

 

Bekanntlich können die Motive der Zerstörung auch etwas sein, das inspiriert

und tief im Hirn von überaus genialen Kreaturen kreative Ambitionen dirigiert.

 

Im Turtmanntal da gab's die Meidenalp und darauf 'ne schwarze Kuh.

Beim September-Stechfest wurde sie Königin, schaffte dies in aller Ruh.

Rumba war ihr Name, der passte ganz superb zu ihrer bulligen Statur.

Die Königin war hochbegabt und tief im Herzen musikalischer Natur.

 

An Halse trug sie eine große Treichel, die sah wie 'ne Amboss-Wolke aus.

Deren gewaltiger Klang war für sensitive Murmeltiere ein wahrer Graus;

er brauste tiefe Orgelmusik durch's Kirchenschiff der Meidenalpe-Welt.

Die Gegnerinnen türmten, sie fühlten sich um ihre Seelenruh' geprellt.

 

In Rumbas Zellen saßen Gene, die von Auerochs und Wisent stammten

und von schwarzen Stieren, die in den Arenen Kretas Athleten rammten.

Indiens und Persiens Mishra-Kult und der phrygische Kybele-Kult hatten

in Rumbas Chromosomen Spuren gesetzt, sie warfen lange Schatten.

 

Das Erbgut einer längst erloschenen Afro-Rasse, andalusischer Moura-Stiere sowie wilder Herden

der Camargue, die dort heut noch weiden, ließen Rumba zu einem furiosen Tornado werden.

Was durchs Wurzelwerk ihrer Adern sauste, hatten die Sarazenen damals ’Stein der Weisen’

genannt. In arabischer Sprach hieß er al-iksir, soviel wie Elixier, der Lebenssaft für jene Reisen

 

durch unerforschte Kontinente, in denen sich Natur und Hochkultur von Ost und West

vermählten und Wilhelm Busch MAX UND MORITZ schuf und Ptolemäus den ALMAGEST.

Dieses reiche Erbe war die Vibration, die nunmehr tief im Knochenmark von Rumba summte.

Deshalb ist es durchaus logisch, dass die Königin auf diesem Foto ganz zufrieden brummte.

 

Die Reine de Combat, vulgo Königin des Kampfes, war die Mutter aller Schlachten,

bekannt von Kreta, Taormina und Andalusien bis hinauf zu Hollands Grachten.

Sie hatte alles drauf, was man in diesem Metier wissen muss, um Erfolg zu haben.

Deshalb konnte sie gemächlich von einem Sieg zum nächsten Siege traben.

 

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Nun ist es so, dass alles, was ein Lebewesen zu einer hohen Leistung motiviert,

nicht nur Aggressionen stimuliert und simultan destruktive Kräfte provoziert.

Bekanntlich können die Motive der Zerstörung auch etwas sein, das inspiriert

und tief im Hirn von überaus genialen Kreaturen kreative Ambitionen dirigiert.

 

An diesem schönen Sommertag befand sich Rumba in einer Bombenstimmung,

und alle ihre Seelenkräfte befanden sich im Zustand einer optimalen Trombentrimmung.

Ihre Augen glänzten schwarz wie Samt, und sie besaßen das Talent, das Leonardo

in seinen Tagebüchern als saperveder beschrieben hat, im Süden von San Gottardo,

 

als er in Mailand in Herzog Ludovico Sforzas Diensten stand und dort als Zeremonienmeister

fungierte, der 'nen Gran Cavallo plante und für sein Fluggerät erprobte einen starken Kleister,

der beide Flügel seines Gleiters zusammenhalten und ein Malheur verhindern konnte.

Da Vinci war ein eitler Geck, der sich furchtbar gern im Glanze grandioser Großprojekte sonnte.

 

Der Entwurf für den Gran Cavallo:eine tonnenschwere Bronzestatue, die auf einem Hinterhuf

gewichtslos tänzeln sollte. Und hätte er sie bauen können, hin wäre seither Leonardos Ruf.

Nie und nimmer hätte dieser Huf soviel technologisch unbedarfte Bronze tragen können.

Doch Gott-sei-Dank gibt es die Musen, die einem Künstler manchmal einen Ausweg gönnen.

 

Im Jahre 1495 überfielen Truppen von Frankreichs König Charles dem Achten,

die Lombardei, sie marschierten schnurstracks auf Milano los und brachten

Angst und Schrecken aber auch Erlösung, weil der Herzog siebzig Tonnen

Bronze, die für seinen Gran Cavallo hätten dienen sollen, generös gesonnen

 

dem Herzog von Ferrara, Ercole d'Este, kurzerhand zum Kriegszweck übersandte,

worauf der Herzog diese Bronze frohen Herzens für denKanonenbau verwandte.

In Milano ging es mittlerweile ziemlich heftig zu, denn Leonardos Gran-Cavallo-Lehmmodell

diente den Schwaben und Gascogne-Arkebusieren als ein sehr rapide demoliertes Zielgestell.

 

                                                                     ***

 

Beim Reimen darf ein Künstler sich oft ungeniert vergnügen, klamm- heimlich lachen,

weil er ein Thema antönt  und dann unerwartet übergeht zu völlig anderen Sachen.

Doch wenn er klug ist, kommt er später aufs besagte Thema ganz unauffällig doch zurück,

und wenn er dies geschickt betreibt, beschert Fortuna ihm auch mal ein unverhofftes Glück.

 

Er kann natürlich auch mit Raum und Zeit in völlig sorgenloser Willkür spielen

und sich in den tiefen Windungen der grauen Großhirnrinde ungeniert verlieren.

Die halten ihm, unter uns gesagt, gelegentlich eine tolle Überraschung parat.

So kann er denn gar viele Dinge schreiben, und manche sind beinahe akkurat.

 

                                                                  ***

 

Hier ist ein relevantes Faktum, das die Kunstgeschichte bisher übersehen hat.

Ich liefere Ihnen dieses gratis und franko ins Haus, vergessen sei der übliche Rabatt!

Im Sommer anno 2008 erfand die ideenreiche Rumba auf der Meidenalp

einen Trick mit Konsequenzen, die finden keinen Platz untereinem Heidenskalp.

 

Sie kreierte eine raffinierte Technik, die Leonardo da Vinci später saperveder benannte,

wobei er tat, als ob er die Erfinderin des grandiosen Kunstgriffs überhaupt nicht kannte:

Saperveder ist die virtuose Fähigkeit, mit den Augen in den Bauch der Welt zu dringen,

so dass diese ihre Natur gleich offenbart. Nur einem großen Genie kann dies gelingen.

 

Rumba besaß diese Genialität schon lange bevor da Vinci in Italien für viel Furore sorgte,

wobei er unterschlug, woher er jeweils seine kühnen kreativen Grundkonzepte borgte.

In seinem Trattato della Pittura verriet er nie, wo er die sfumato-Technik seinerzeit kopierte.

Er war ein Egozentriker, der sich bezüglich Ethik und Moral kein bisschen nicht genierte.

 

Sfumato bedeutet ’verraucht’ oder ’in Rauch verwandelt.’ Leonardo hat manches Ölgemäld’

auf Ockermalgrund mit weißen Lasuren übereinander bepinselt und wurde dabei zum Held.

Der Kniff genügte. So flossen Konturen ineinander, die manchmal auch total verschwammen.

Kann man den Mann, der soviel blauen Dunst verbreitet, einfach kurzerhand verdammen?

 

Man kann, doch besser ist, man tut es nicht. Noch besser wäre allerdings, man täte

der Wahrheit die Ehre geben, die Leonardo da Vincis Seidenwams der Eitelkeit aufblähte. 

Man sollte einfach sagen: die Rumba hat saperveder und auch sfumato

der Welt geschenkt. Voller Andacht sollte dies gejodelt werden: mit viel vibrato!

 

                                                                  ***

 

Hier ist die Story, die Europas Kunstgeschichte uns bisher unterschlagen hat.

Es war ein Sommertag, die brennendheiße Sonne funkte ihre Strahlen, haufenweise Kilowatt.

Die Bremsen surrten, stachen zu und quälten unsere Rumba, bis sie einfach nicht mehr konnte,

denn sie war halt eine edle Königin des Kampfes, die sich am liebsten friedlich träumend sonnte.

 

Sie hob den Schwanz und peitschte eine dreiste Bremse weg, und da geschah ein Wunder.

Sie erkannte plötzlich mit ’ner Klarheit, durchsichtig wie ein Bergkristall, man lebt gesunder,

wenn man sich zur Wehr setzt gegen Bremsen und deren vermaledeite, irritierende Stichimpertinenz.

Es braucht hierzu nur angeborene Reflexe sowie 'ne fleißig antrainierte und stresstolerante Persistenz.

 

Dann stutzte sie und lauschte, weil sie plötzlich einen raffinierten kreativen Einfall hatte:

Wenn mein Schwanz zu einem Pinsel wird, dann hülle ich die Welt und mich in eine Watte.

Saperveder illuminierte ihren Geist, und sie begann ein meisterhaftes Selbstporträt zu malen,

wobei sie die Konturen ihres edlen Körpers definierte so scharf wie ihre harten Keratin-Sandalen.

 

Doch ihren Hintergrund, den schuf sie in sfumato. Das Blau des Himmels rann

gemächlich in das makellose Weiß des Bishorns über und rieselte ins Tann

hinunter, das Alpentundra, Alpenwüste sowie Bach im blauen Dunste spann.

Und so entstand das kreativste Meisterwerk des Abendlandes. Mann, o Mann!

 

Als es vollbracht war und die Rumba ihren Schwanz noch immer in der Schwebe hielt,

vor lauter Kunstbegeisterung, versteht sich, weil das Kreative stets aufs Absolute zielt,

begann ihr Magen laut zu knurren, denn mittlerweile hatte sie gar viele Kalorien abgebrannt

und sich in einem kreativen Abenteuer, tief in Trance, selbstvergessen ambitiös verrannt.

 

Da schlüpfte ihre Zunge automatisch zielgenau ins rechte Nasenloch hinein und leckte dort

den Schleim hinweg, der voller Zuckerkalorien war. Sie setzte diese Tätigkeit 'ne Weile fort,

weil sie vertraut war mit dem Faktum, dass Profanes und Erhabenes durchaus und innig koexistieren, 

und deshalb Schönheit und der Nasenschleim verwandt sind und sich dessen keineswegs genieren.

 

So wäre denn, und dies mit ein paarWorten, die historische Wahrheit wieder hergestellt.

Es musste wohl so kommen, wenn ein Arno-Pinsler die Rumba um ihre Top-Erfindung prellt.

Seht ihn an, den über allen Klee gelobten Helden derRenaissance! Er steht blamiert

am öffentlichen Pranger. So geht's 'nem selbsternannten Genius, der leider imitiert,

 

was eine clevere reine de combat beim Wiederkäuen auf der Meidenalp ausgetüftelt hat.

Die schöne Rumba offerierte seinerzeit dem Aufbruch aus dem dunklen Mittelalter Kunstideen satt.

Ihr tonnenschwerer Bauch verrät, die Künstlerin geht noch mit weiteren Konzepten schwanger.

Und angesichts von soviel ungestümer Kreativität wird es Leonardo da Vinci bang und banger.

 

                                                                  ***

 

Zum Abschied sei mal ausnahmsweise dem Poeten dieser Zeilen auch ein kurzes Wort gestattet.

Ich weiß, ich weiß, es ist verpönt, dass Selbstlob objektive Argumente eher schräg beschattet.

Und dennoch sag ich kurz und klar: Die Renaissance hat auf der Meidenalp begonnen.

Dannsind saperveder sowie sfumato über unsere Alpenpässe runter nach Florenz geronnen.

 

Dort hat Leonardo Rumbas hochalpines Wissen und ihre virtuose Technik schnell kopiert.

Ist schon ein Pfau, wenn sich ein Florentiner-Gockel frech mit fremden Pfauenfedern ziert?

Nein, keineswegs! Historische Wahrheit ist, dass unsere Rumba die Renaissance gebar.

Des Ruhmes Lorbeer wird in Zukunft ihren noblen Kopf bekränzen. Sie ist fortan ein großer Star!

 

                                                                  ***

photo © greta guntern-gallati

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Kommentare: 2
  • #1

    Maja (Samstag, 28 April 2018 20:32)

    Absolut genial. Was da alles eingeflochten wurde!

  • #2

    Gottlieb GUNTERN (Mittwoch, 02 Mai 2018 14:50)

    Liebe Maja, Danke für Ihre Beobachtung. Es ging mir darum, eine ideelle Vernetzung zwischen der Reine de Combat RUMBA und den historischen Fakten über Leonardo da Vincis kreative Beiträge zur Hochblüte der italienischen Renaissance zu konfabulieren. Herzlichen Gruss, GG